Wie soll man wieder zur Vernunft kommen, wenn man als Pianistin bis über beide Ohren in die germanische spätromantische Musik verliebt ist, diese aber unser Instrument zugunsten des Orchesters vernachlässigt hat?
Liebe macht vor nichts halt, vor allem nicht vor unzähligen Arbeitsstunden. Ich habe meine Existenz in den Dienst Liszts gestellt, und seine Unterweisung trieb mich ganz natürlich dazu, mir über Paraphrasen und Transkriptionen ein breites Repertoire anzueignen. Diese unersättliche Neugier ist einer der markantesten Listz’schen Züge, und sein Licht führte mich auf einen Weg voller Zweifel und Erkenntnisse. In der Tat, wie soll man den Kuhglockeneffekt im Andante moderato von Mahlers Sechster Sinfonie wiedergeben? Durch das Einarbeiten typischer Glockenspielharmonien: Die Klangfarbe ist anders, aber der Glockenklang wird suggeriert. Wie soll die Innigkeit der Streicher in Schoenbergs Verklärter Nacht zum Ausdruck kommen? Sie ist nicht umzusetzen, und darum habe ich entschieden, vom Original für Sextett Abstand zu nehmen und stattdessen eine Paraphrase zu erschaffen, die Liszts Klaviersonate spiegelt. Ein Klavierwerk in einem einzigen Satz, das von der Symbolik der Verwandlung handelt und das Innerste der menschlichen Psyche erkundet. In Mahlers Adagietto verbirgt sich eine demütige Hommage an Brahms’ Klavierstücke durch die Verwendung einer Klavierbegleitung, die die lange gehaltenen Saiten, nahezu unmöglich auf dem Klavier umzusetzen, unterstützt.